Patent: Cäsar Kaestner

Germany 27458

Cäsar Kaestner in Magdeburg.

Revolvergewehr.

Deutsches Reichspatent vom 9. Dezember 1883 ab.
Abhängig vom Patent Nr. 2564.
(Hiezu Abbildungen Fig. 1 bis 6 der Tafel. )

Die Monate Januar und Februar bringen uns in Hinsicht auf die neuen Erfindungen alljährig die todte Saison. Es werden zu dieser Zeit meist die in den Monaten Juni und Juli angemeldeten Patente veröffentlicht und in diesen Monaten eben, weil die Grossfabrikanten die Badeorte besuchen oder grössere Reisen vornehmen; weil eben weniger zu thun ist, während die kleineren Fabrikanten.. und Meister schon all mählig mit den Bestellungen für die Wintersaison beginnen. Dazu gesellen sich noch jetzt, wo die Patente veröffentlicht werden sollen, die Weihnachtsferieh, durch welche die Ingenieure des k. Patentamtes in ihrer mühsamen Arbeit aufgehalten wurden, weshalb, sogar manche Neuerung auf die Ertheilung des Patentes um drei Wochen, länger warten muss als in anderen Monaten.

Aus diesem Grunde sind wir genöthigt, von den älteren, minder wichtigen Systemen eines hervorzuholen und unseren Lesern vorzuführen.

Wir wählen das Revolvergewehrsystem Kaestner, welches im Mai 1884 bereits veröffentlicht wurde.

Dasselbe ist von dem Patent Nr. 2564 abhängig, daher eine Verbesserung desselben, und bezweckt diese Construktion ein möglichst schnelles Abschiessen von mehreren in einer Walze-befindlichen Patronen, ohne die bei anderen Gewehren-zur Einbringung jeder einzelnen Patrone erforderlichen vielen Operationen.

Fig. 1 der Tafel zeigt das Gewehr in gespanntem Zustande und zum Abschiessen fertig im Längsschnitt.

Fig. 2 das Gewehr in gespanntem Zustande, aber die Patrone noch in der ursprünglichen Lage in der Walze a ruhend.

Fig. 3 ist ein Querschnitt durch die Patronenwalze.

Fig. 5 und 6 zeigen die Patronenwalze a in Ansicht und Grundriss, in vergrössertem Massstabe.

Fig. 4 zeigt den Stempel b, welcher das Vorschieben und Zurückziehen der Patronen bewirkt, im Grundriss und Querschnitt mit einem Theil der vorgeschobenen Patrone.

Beim Einbringen der Patronenwalze a wird das Gleitstück c, welches mit dem Verschlusscylinder b durch einen Steg fest verbunden ist und seitlich, wie Fig. 5 zeigt, in einer Nuth d des Untertheiles oder auf andere Weise geführt wird, mittels eines seitlichen Griffes zurückgezogen, so dass es in, die Stellung, wie Fig. 2 zeigt, gelangt. Gleichzeitig wird hiedurch die Feder e gespannt, indem der Bund I, welcher mit der Nadel-f fest verbunden ist und, wie Fig. 4 im Querschnitt zeigt, sich in einer Bohrung des Verschlusscylinders b frei be wegen kann, über den Abzug g geschoben wird. Ferner wird der zum Festhalten der Patronenwalze dienende Stift h zurückgezogen, so dass jetzt die Walze in die Patronenkammer gebracht werden kann. Nachdem die Walze auf den Zapfen i geschoben, wird der Stift h, welcher vorn in einen Zapfen ausläuft, wieder vorgeschoben, so dass die Walze jetzt feststeht und nur um diese beiden Zapfen drehbar ist.

Die hier gezeichneten sechs Patronen werden durch ebenso viele Federn k in der Walze festgehalten, so dass ein Herausfallen und Verschieben der Patronen nicht möglich ist.

Beim Vorschieben des Gleitstückes c drückt der Verschlusscylinder b die Feder k des obenliegenden Lagers herunter, so dass die Patrone frei und so in den Lauf geschoben wird, wobei der Patronenzieher m, wie Fig. 4 zeigt, über den Patronenrand springt.

In diesem Zustande ist das Gewehr zum Abschiessen fertig. Nach dem Abfeuern wird das Gleitstück wieder zurückgezogen, wobei der Patronenzieher die Patrone mitnimmt. Während des Zurückziehens stösst eine am Gleitstück befindliche Feder n an die schräge Fläche o der Patronenwalze a und bewirkt hiedurch ein Drehen derselben.

Sobald die Patronenwalze um ein kleines Stück gedreht und die Patronenhülse genügend weit in die Walze zurückgezogen ist, wird der Patronenrand vom Auszieher frei. Die Feder gleitet an der schrägen Fläche weiter und bewirkt die Drehung der Walze um 1/6 des Umfanges, so dass eine neue Patrone dem Verschlusscylinder b gegenüber steht.

Während des Zurückziehens ist die Feder n in der Stellung I, Fig. 6, angelangt und gleitet beim Schliessen und gleichzeitigen Vorschieben der zweiten Patrone an der Fläche p entlang, springt über den vorstehenden Punkt q und gleitet | an der Fläche r weiter. Am Punkt q der Fig. 6 wird die Walze das Bestreben haben, sich rückwärts zu drehen, was aber durch eine bei s am Untergestell angebrachte Feder verhindert wird.

Nach dem Abfeuern ist also nur ein Zurückziehen und Vorschieben des Gleitstückes c erforderlich, um eine neue Patrone in den Lauf zu bringen und das Gewehr schussfertig zu machen.

Das Wechseln der Patronenwalze kann bei Anwendung einer Reservewalze schnell von Statten gehen.

Zur bequemen Reinigung und Auseinandernahme des Schlosses ist nur die Abnahme der Verschlusskapsel t nöthig, um durch das Lösen des Theiles u Feder mit Nadel frei zu machen. Hierauf läst sich das Gleitstück mit dem Verschlusscylinder abziehen und ist dann jeder einzelne Theil des Gewehres zugänglich.

Dieses System entspricht, wenigstens der Beschreibung nach, den praktischen Anforderungen durchaus nicht. Wie sichert der Construkteur den Verschlusskolben in schliessender Stellung, damit derselbe beim Schusse nicht zurückfliegt ? Ein blosses Vorschieben genügt zum Verschluss durchaus nicht, ein Zu drehen des Kolbens, wie beim Mauser-Gewehre, ist nicht möglich, weil der Griff vom Gleitstücke und nicht vom Verschlusskolben getragen wird, das Gleitstück aber keineswegs gedreht werden kann.

Auch die Einrichtung des Schlosses ist nicht befriedigend, da das Spannen der Schlagfeder durch Zurückziehen des Verschlusses beschwerlich und unbequem ist und ist auch die Abzugsvorrichtung nicht die beste zu nennen, weil der Abzug mit Rücksicht auf den kürzeren Arm der Stange g eine achtmal grössere Bewegung machen muss, was aber ohne Einfluss auf das System geändert werden kann.

Im Ganzen, die genannten Unvollkommenheiten nicht gerechnet, bietet dieses System fast gar nichts Neues, indem früher als dieses, bereits leistungsfähigere Systeme patentirt wurden. Die zweckmässige Form des Ganzen und die Einfachheit der Construktion sind nicht immer entscheidend, es muss auchBequemlichkeit und absolute Sicherheit vorhanden sein.